Berner Museumsgeschichten
Monströs und liebreizend zugleich
Die Diskussion um die Möglichkeiten und Chancen erneuerbarer Energiequellen ist aktueller denn je. Seit über 100 Jahren produziert das Wasserkraftwerk Mühleberg Strom mit Aarewasser. Was aber hat nun ein übermannshohes Möbelstück im Museum Krauchthal damit zu tun?
Was auf den ersten Blick wie ein mächtiges Buffet anmutet, entpuppt sich rasch als etwas ganz anderes. Im oberen Teil gibt eine Glasscheibe die Sicht auf eine gelochte Blechscheibe frei, die mit einer Automatik verbunden ist. Einmal in Gang gesetzt, erfüllen liebreizende Klänge, die an eine Spieldose erinnern, den ganzen Raum. Im «Bauch» des Möbels, bei dem es sich um ein sogenanntes Polyphon handelt, sind weitere Blechscheiben untergebracht, die ein Repertoire von 18 Musikstücken zusammenbringen.
In Leipzig hergestellt, fand das Polyphon seinen nicht mehr nachzuverfolgenden Weg in den Kanton Bern und stand in der Kantine der Baustelle des Wasserkraftwerks Mühleberg. Zwischen 1917 und 1921 waren hier 600 bis 1000 Arbeiter beschäftigt. Durch den Einwurf eines 10-Räpplers konnten sie sich etwas Musik in die kargen Räumlichkeiten holen.
Die meisten der Musikstücke lassen sich bis heute abspielen. Weiss man um die Geschichte des Polyphons, erhält sein Klang noch eine ganz andere Dimension. Insbesondere das Emmentalerlied darf bis heute auch als eine kleine Ode an die enorme Leistung der Arbeiter von damals erklingen, denen das Polyphon vielleicht ein kleines bisschen Freude in harten Zeiten bescherte.
Für interessierte Museumsbesucher:innen wird das Polyphon im Museum Krauchthal gern in Betrieb genommen. Seine Klänge sind zudem auf einer vom Museum produzierten CD auch für Zuhause erhältlich.